Montag, 11. Juli 2011

Vogel, Aal und Tourettes: Ein Tick anders

Hamburg St. Pauli: Unterhaltung bis zur sozialen Unverträglichkeit

Es gibt unterschiedliche Motive für Menschen am Wochende Hamburg St. Pauli zu besuchen. Das Kulturangebot ist vielfältig, Musik, Theater, Kunst. Hier wird viel geboten.
Auch die maritime Vergangenheit St. Pauli´s gibt eine Menge her: Schauerleute, Schiffe und Matrosen aus aller Herren Länder. Segelschiffe, Landhaie und leichte Mädchen. Ab und zu blitzen diese vorzeitlichen Eindrücke nocheinmal kurz auf, wenn der geneigte Besucher mit etwas Muße durch die Gassen des ehemaligen Arbeiterviertels streift.
Travestie, Sex und Tabledance oder einfach nur einmal richtig abfeiern? Was auch immer die Menschen  nach St. Pauli lockt, sie kommen in Massen. Meist sind es in Stoßzeiten so viele, dass für manch einen Zeitgenossen die Grenze der sozialen Verträglichlichkeit zumindest subjektiv überschritten wird.

Vogel, Aal und Tourettes: Ein Tick anders

Mit dem Thema "soziale Unverträglichkeit" hat sich auch Regisseur Andi Rogenhagen beschäftigt und auf der Suche nach der sozial unverträglichsten Krankheit stieß er auf das Tourettes- Syndrom.
Auf Anraten von Betroffenen entschied er sich daraufhin, dieses Thema mit Humor zu präsentieren und so entstand der Film "Ein Tick anders". Hamburg-Premiere war am 07.07.2011 im Abaton.
Und als Tiegervogel und Aal Fatal davon Wind bekamen, entsandten sie eine Delegation ins Abaton, um diese Komödie einmal näher unter die Lupe zu nehmen.

Hier ist nicht Hollywood

Und das gleich einmal vorweg: die Delegation der Kiez Geh Rock Revue war sehr angetan von dieser Produktion. Mit viel Liebe wird hier ein sozial unverträgliches Thema sozial verträglich dargestellt. Wer hier spektakuläre Wortausbrüche erwartet wird eher enttäuscht werden. Die Erwartungen des skeptischen Kritikers, der sich einen hochkritischen Film zum Thema Tourettes wünscht, werden hier auch nicht erfüllt.
Dieser Film scheint auf den ersten Blick unspektakulär. Special effects a´ la Hollywood fallen weg. 
Auch hochdotierte Schauspieler, die mit routinierter Professionalität langweilen, blieben unserer Test- Delegation erspart. Zugegeben, das Drehbuch ist kein literarischer Meilenstein,  aber das ist auch nicht die Stärke des Films. 

Auf leisen Sohlen in die Herzen

Dieser Film ist charmant. Mit Herz und Hingabe öffnen die Schauspieler dem Zuschauer Türen in eine Welt, die sonst eher Befremdlichkeit auslöst. Auf leisen Sohlen. Die Befremdlichkeit der "Krankheit"Tourettes verschwindet hinter der Sympathie und Zuneigung, die man zunehmend für Eva, die Hauptdarstellerin, empfindet. Sie steht im Vordergrund und Tourettes wird zum Tick, ausgelöst durch Situationen, in denen Sie sich emotional überfordert fühlt. 
Nähe entsteht, und was ist mit der sozialen Unverträglichkeit? Die ist komplett verschwunden. Ganz im Gegenteil: am Ende des Films hat die Vogel-Aal-Delegation Eva sogar ein wenig vermißt. Eine angenehme Person. 
Ein schöner Film. Und dazu gibt es auch ein Lied. Das ist das Lied vom Arschlicht.
Dieses Lied würde die Kiez Geh Rock Revue am liebsten auch ab sofort vortragen auf Ihrer bunten Kiez Revue mit Musik, aber leider fehlt da etwas der Hamburg- Bezug. Und wahrscheinlich versteht das auch nicht jeder :-)

Unser Bewußtsein hat sich jedenfalls erweitert. 
Und falls wir durchdrehn: keine Angst, Ihr dürft sogar lachen!

Is nur ein Tick.

Tiegervogel und Aal Fatal

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